Wie man aufhören kann, Dinge zu persönlich zu nehmen (in 30 Sekunden)
Ein Fremder rempelt Dich volle Breitseite auf der Straße an, keine Entschuldigung. Ein Kunde zahlt Deine Leistung nicht, ein Kollege reißt sich hinterrücks Deine Idee unter den Nagel, kein Applaus für Dich. Ein Chef schreit Dich an vor versammelter Mannschaft, kein gutes Haar mehr an Dir, usw.
All dies hat eins gemeinsam:
Es hat nichts mit Dir zu tun.
Sondern nur mit dem Anderen. Mit seinen Geschichten, über sich, über das Leben, vielleicht auch mit seiner Geschichte über Dich, seinem unvollständigen und verzerrten Bild von Dir – aber nie mit Dir.
Der gemalte Apfel auf dem Stillleben in 2D ist nicht der Apfel selbst.
Und Du bist nicht die Geschichte, nicht das Bild im Kopf des Anderen.
(Dem echten Apfel ist egal, was mit seiner Abbildung passiert. Ob der Maler kommt und das Bild anschreit, übermalt, oder zerfetzt, zerkaut, schluckt und ausscheidet … der echte Apfel ist nicht gemeint, nicht berührt und nicht angefressen. Er steht da, prall in 3D, und schaut sich das irre Spektakel aus sicherer Entfernung an.)
Zwar können wir reale Wunden davontragen, wie auch der Apfel real gebissen werden kann, und natürlich sollten wir handeln, wenn es uns hilft. Aber das verletzende Verhalten, die Absicht gilt immer nur diesem Bild von uns im Kopf des Anderen, nicht uns persönlich. Und oft nicht mal das, oft sind es ganz andere Geschichten und Bilder, die ihn oder sie so handeln lassen.
Es entspricht also nicht der Wahrheit, wenn wir etwas persönlich nehmen.
Das zu sehen befreit uns von einer großen Last.
Wie in dieser kurzen Zen-Geschichte, die zu meinen liebsten gehört:
Musashi war ein alter Meister des Schwertkampfs mit vielen Schülern. Eines Tages forderte ihn ein junger Krieger zum Kampf heraus, der wegen seiner Kraft und dem Talent, alle Schwächen des Gegners zu erkennen, weit über das Dorf hinaus gefürchtet wurde. Der junge Mann wollte der erste sein, der Musashi in die Knie zwingen würde.
Die Schüler rieten Musashi vom Kampf ab, doch er willigte ein. Die beiden gingen in Stellung und der junge Mann beschimpfte den Meister, bewarf ihn mit Dreck und spuckte ihm ins Gesicht. Doch der Meister blieb einfach regungslos und ruhig stehen. Das ging über Stunden so. Schließlich hatte sich der junge Krieger verausgabt. Er gab sich geschlagen und zog voller Scham davon.
Die Schüler waren enttäuscht, dass ihr Meister diesen überheblichen Mann nicht zurechtgewiesen hatte. „Wie konntet ihr so eine Schmach über euch ergehen lassen?“, fragten sie. Und der Meister sagte: „Wenn einer kommt und Dir ein Geschenk geben will – und Du nimmst es nicht an: wem gehört dann das Geschenk?“.
Wenn Du das nächste Mal etwas (zu) persönlich nimmst, dann atme tief und ein und aus denke daran:
Es ist seine Geschichte, sein Verhalten, sein Problem, sein Zorn, sein Misstrauen, seine Ignoranz, sein enges Herz, sein enger Verstand.
Lass es dort, wo es hingehört – bei ihm.
Was wir natürlich persönlich nehmen sollten, sind unsere eigenen Gefühle.
Wenn uns ein Verhalten tief getroffen hat, brauchen wir nicht so tun, als wäre es nicht so. Statt diese Gefühle wegzuschieben, können wir uns um sie, und somit auch um uns kümmern.
Meine Buchempfehlung: Wie man die Dinge nicht mehr so persönlich nimmt
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